Mit dem Nest Hub hat Google seinen smarten Sprachassistenten quasi zurück zu seinen Wurzeln gebracht. Denn – einige erinnern sich vielleicht – gerade in Deutschland war der Google Assistant zunächst auf Smartphones zu finden, erst später in smarten Lautsprechern von Google Home (inzwischen Google Nest). Ohne Display.

Der Nest Hub hat dem Sprachassistenten wieder einen Bildschirm gegeben. Smart Display nennt sich das Konzept. Wie das im Kern funktioniert, liest Du in unserem ausführlichen Test zum Google Nest.

Auf seinem I/O-Event im Mai 2019 dann die Ankündigung: Google bringt eine größere Version des Nest Hub auf den Markt, den Nest Hub Max. Während das Gerät in den angelsächsischen Märkten bereits bestellt werden kann, ist der Start in Deutschland noch offen.

Wir konnten den Google Nest Hub Max dennoch schon für Dich testen. Wir haben ihn ein paar Wochen im Alltag eingesetzt und verraten Dir, ob sich das Warten darauf lohnt.

Google Nest Hub vs. Nest Hub Max

Zunächst zu den Basics, worin unterscheidet sich der Nest Hub Max vom (in Deutschland bereits verfügbaren) Nest Hub? Da ist die schiere Größe des Displays, der von 7 auf 10 Zoll wächst. Dieses Mehr an Platz beschert auch den Lautsprechern ein Upgrade. Zudem hat der Nest Hub Max eine Kamera, die dem kleineren Bruder komplett fehlt. Diese ist zentral für viele Funktionen, die den Nest Hub Max ausmachen. Dazu gleich mehr.

Ansonsten funktionieren die Geräte sehr ähnlich. Schließlich ist der Google Assistant hier wie da Kern aller Funktionalität. Der Nest Hub Max hat aber noch eine weitere spannende Funktion unter der Haube: einen Näherungssensor. An diesem entwickelt Google bereits seit Jahren, jetzt kommt er in die ersten Geräte wie das Pixel 4. Das soll eine sehr feine Gestensteuerung ermöglichen, beispielsweise drehst Du einfach vor Deinem Gerät an einem imaginären Knopf, um die Lautstärke zu erhöhen.

Kamera bringt viele neue Funktionen

Der Nest Hub Max kostet in den USA 100 Dollar mehr als der kleine Bruder – was fast dem doppelten Preis entspricht. Nicht ein bisschen viel für einfach ein größeres Gerät?

Nicht wirklich. Ja, streng genommen ist nur der Bildschirm größer und die Kamera neu. Aber diese nutzt Google so maximal aus, wie es nur geht. Individuelle Steuerung dank Gesichtserkennung (siehe weiter unten), Videoanrufe über Google Duo oder auch die Zweitfunktion als Nest Cam, also Sicherheitskamera: All das ermöglicht der Nest Hub Max. Vor allem Letzteres könnte für viele einen Ausschlag geben, die sowieso überlegen, sich eine Indoor-Sicherheitskamera zuzulegen.

Kurz gesagt ist der Nest Hub Max sehr richtig benannt. Er ist insgesamt größer als der Google Nest Hub und bringt entsprechend mehr Funktionen mit, ohne die grundsätzliche Arbeitsweise zu ändern.

Smart-Home-Zentrale mit Gesichtserkennung

Bei der Vorstellung auf der I/O fasste der Konzern vor allem Familien bzw. Mehrpersonenhaushalte ins Auge. Dafür sprechen Features wie die automatische Gesichtserkennung, das sogenannte Face Match.

Aufmerksame Nutzer des Google Assistant merken: Das erinnert an Voice Match. Und das ist ganz richtig. Die Kamera des Nest Hub Max ermöglicht es, Personen nicht nur mehr anhand der Stimme zu differenzieren, sondern auch über das Gesicht. Gerade bei Haushalten mit mehreren Personen, die Termine, Erinnerungen und anderes über Google-Konten organisieren, ein tolles Feature.

Erkennt der Nest Hub Max Dich und sagst Du beispielsweise „Hey Google, trage meinen Frisörtermin in meinen Kalender ein“, legt der Assistant den Termin automatisch in Deinem Kalender ab und nicht den Deiner Frau oder Kinder.

Um Face Match zu aktivieren, legst Du zunächst ein Profil Deines Gesichts an. Dieses wird lokal gespeichert und verlässt das Gerät nie. Die Gesichtserkennung funktioniert mittels On-Device-Machine-Learning, das ohne Verbindung zu einer Cloud auskommt.

Ansonsten versteht sich der Hub Max eben als Hub – also als zentrale Stelle und Steuerungszentrale Deines Smart Homes. Von dort aus steuerst Du nämlich Deine smarten Thermostate, Lichter oder Lautsprecher. Im Kern ist es der bekannte Assistant in Form eines Google Home mit einem zusätzlichen Display.

Installation und erster Eindruck

Das zeigt sich auch beim Einrichten. Der Nest Hub Max kommt ohne lange Bedienungsanleitung. Dafür musst Du Dir die Google Home App herunterladen, die Dich durch die Installation führt.

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Die funktioniert grundständig sehr einfach. Hier gibt es ein kleines, aber positives Aber. Denn Google gibt Dir inzwischen sehr viele und sehr detaillierte Möglichkeiten, Deinen Datenfluss zu kontrollieren oder Funktionalitäten einzuschränken. Das Problem: Du musst Dich damit auseinandersetzen.

Das heißt: Ein Google Home Mini beispielsweise ist nützlich, die Funktionen allerdings sind überschaubar. Kommt nun noch ein Display hinzu (Nest Hub) und dann noch eine Kamera (Nest Hub Max), dauert die Einrichtung entsprechend länger, willst Du wirklich alle Einstellungen an Deine individuellen Bedürfnisse anpassen.

Der erste Eindruck des Geräts ist sehr gut. Das Design bricht nicht mit dem der Google Nest Reihe und wirkt durchdacht. So ist der Überzug der Lautsprecher wie gewohnt aus haptisch angenehmem Stoff. Eine Gummisohle sorgt für sicheren Stand auf den meisten Oberflächen. Die physischen Steuerungselemente (eine Lautstärke-Wippe und ein Slider, der Kamera und Mikro deaktiviert) sind dezent an der Rückseite des Bildschirms versteckt.

Der Google Nest Hub Max im Alltag

Die meisten der beschriebenen Funktionen erfüllt der Nest Hub Max so, wie er soll. In der Küche macht er sich (wie alle Smart Displays) großartig als Kochhilfe oder für einen multimedialen Start in den Tag. Im Wohnzimmer ist er Smart-Home-Zentrale und Fokuspunkt im Raum.

Der Bildschirm ist toll und fügt sich – hast Du die automatische Steuerung aktiviert – absolut angenehm in die Umgebung ein. Das dürfte daran liegen, dass Google ausdrücklich die Funktion als digitalen Bilderrahmen im Blick hatte.

Ebenso gefällt uns der Sound. Natürlich hält er nicht mit der Klangqualität von dezidierten smarten Lautsprechern wie denen von Sonos mit. Im Vergleich zu einem Google Home ist der Sound des Nest Hub Max angenehm klar, wenn auch gefühlt im Bass etwas schwachbrüstiger.

Die Smart-Home-Steuerung funktioniert problemlos. Du wischst einfach von oben auf den Bildschirm, dann öffnet sich eine Leiste mit den wichtigsten Funktionen wie auf Licht oder für die Thermostate.

Steuerung mit Gesten

Interessant dabei: Wir hatten über den Nest Hub Max mitunter mehr Funktionen verfügbar als über die Google Home App. Beispielsweise konnten wir bisher die Temperatur unserer smarten Heizkörper-Thermostate von tado° zwar über den Google Assistant steuern. Um sie wieder auf einen eingerichteten Zeitplan zurückzubringen, mussten wir in die tado° App gehen.

Der Google Home Max kommt dafür mit einer Funktion, mit der Du die Thermostate auf „Smart Schedule“ stellen kannst. Damit kehren sie wieder zu dem vordefinierten Zeitplan zurück. Wir erklären uns dieses fehlende Feature in der Google Home App damit, dass unser Nest Hub Max ein US-amerikanisches Modell war und einige Funktionen schlicht noch nicht offiziell für den deutschen Markt verfügbar sind.

Der Nest Hub Max spielt Musik, plötzlich kommt ein Anruf rein. Einfach die Hand in der Art eines Stop heben, schon pausiert die Wiedergabe und Du kannst entspannt telefonieren. Das ist dank eines neuen Näherungssensors möglich, der sich so auch in Googles Pixel 4 wiederfindet.

Bei uns klappte das zunächst nicht. Nachdem wir den Nest Hub Max in einen anderen Raum platziert hatten, dann reibungslos. Wichtig dabei ist: Du musst den Bildschirm ansehen und gleichzeitig die Hand heben. Damit soll das Gerät falsche Kommandos vermeiden. Bisher beschränken sich diese „Quick Gestures“ allerdings lediglich auf die flache Hand, also Start und Stop.

Unser Fazit

Wir hatten es oben ja bereits angesprochen: Der Google Nest Hub Max ist sehr passend benannt. Unsere Erfahrungen mit dem Gerät unterstreichen diesen Eindruck. Praktisch vom Auspacken an war der Display zentraler Fluchtpunkt im Raum.

Der Bildschirm war groß genug, um auch von einigen Metern Entfernung (auf der Couch) die Informationen zu erkennen. Sowieso, der Bildschirm. Er hält als digitaler Bilderrahmen das, was er verspricht. Diese dezente Präsenz ist nicht zu unterschätzen, da der Nest Hub Max in der Regel dauerhaft angeschaltet ist. Die automatische Steuerung von Helligkeit und Farbtemperatur funktionierte bei uns einwandfrei.

Gerade weil das Gerät sich schnell zu einer echten Zentrale für unser Wohnzimmer und unser Smart Home entwickelt hatte, fielen uns ein paar Sachen kritisch auf. Da wäre zum einen die Immobilität des Geräts. Gerade, weil es sich so wunderbar als Hub im Wohnzimmer und als smarter Bildschirm in der Küche macht. Will man beides bequem haben, musst Du Dir zwei Geräte zulegen. Andererseits: Der Nest Hub Max ist eben ein smartes Display, kein Tablet mit Dockingstation (auch wenn es so aussieht).

Das haben wir schnell bei den Einstellungen bzw. Funktionen auf dem Bildschirm gemerkt. Wer quasi mit Smartphones und Tablets sozialisiert ist und noch nie mit einem smarten Bildschirm zu tun hatte, könnte frustriert werden, weil beispielsweise bestimmte Einstellungen auf dem Gerät selbst nicht zu finden sind.

Starke Funktionen wiegen Kinderkrankheiten auf

Ebenso fehlten uns noch einige Funktionen. Obwohl Chromecast integriert ist, konnten wir keine Netflix-Videos auf dem Nest Hub Max wiedergeben, mit YouTube klappte das problemlos. Seltsam war auch die Reaktion des Geräts, als wir auf die (zum Anklicken designte) Spotify-Kachel klickten. Auf dem Bildschirm passierte nichts, der Assistant antwortete nur: „Ich weiß leider nicht, wie ich Dir da weiterhelfen kann.“

Das sind allerdings Kinderkrankheiten, die schon mit dem offiziellen Start in Deutschland behoben sein dürften. Ein weiterer kleiner Kritikpunkt: Bei den Farben hast Du lediglich die Auswahl zwischen grau und weiß – und nur beim Stoff des Lautsprechers. Der Rahmen des Displays ist immer weiß.

Die zusätzlichen Funktionen, die die Kamera ermöglicht, haben uns sehr gut gefallen und bringen einen spürbaren Mehrwert. Zwar funktionieren Videoanrufe beispielsweise derzeit nur über Duo, der Videotelefonie-App von Google. Aber das ändert sich womöglich bald. Schließlich kannst Du inzwischen auch über Deinen Chromecast Amazon Prime Video streamen.

Die 229 Dollar (vermutlich wird der Preis in Euro ähnlich sein) für den Nest Hub Max lohnen sich mitunter allein schon für die Funktion als Sicherheitskamera. Das smarte Display bzw. dessen Kamera funktioniert nämlich in den Grundzügen wie jede andere Nest Cam. So richtest Du Geofencing ein oder definierst Bereiche für die Bewegungserkennung. Besonders in einer kleinen Wohnung ein toller Zusatz. Aber auch, wenn Du bereits andere Produkte von Google Nest hast oder Dir überlegst zuzulegen.

Ist der Google Nest Hub Max etwas für Dich?

Also die alles entscheidende Frage: Lohnt sich der Kauf insgesamt? Wir jedenfalls haben den Google Nest Hub Max sehr schnell in unser Herz geschlossen. Dass wir die mangelnde Mobilität kritisieren, spricht dafür. Wir wollten das Gerät einfach überall mit hinnehmen und unser Smart Home steuern.

Er ist eines dieser klassischen Smart-Home-Geräte, die Du streng genommen nicht brauchst – die Du aber nie wieder hergeben willst, benutzt Du sie erst. Daher ist der Nest Hub Max zunächst einmal etwas für alle First Mover, die neue Technik gerne als erste ausprobieren. Es gibt kleine Ticks, die spätestens mit Softwareupdates ausgemerzt werden dürften.

Auch wenn wir das so nicht explizit getestet haben, ist die Sinnhaftigkeit des Google Nest Hub Max in einem Haushalt mit mehreren Personen absolut einleuchtend – wenn Du Einstellungen wie Face Match aktivierst. Ebenso solltest Du das Gerät ernsthaft erwägen, wenn Du sowieso überlegst, Deinem Google Home ein Update zu geben.

Mit dem Nest Hub Max bekommst Du eine schöne Zentrale für Dein Smart Home, vollgepackt mit vielen weiteren Funktionen. Die spielst Du natürlich am besten aus, wenn Du Dich sowieso wohlfühlst im Ökosystem von Google. Wir jedenfalls werden uns den Deutschlandstart des Google Nest Hub Max rot im Kalender markieren.